Planübung Bayern-Tschechien
Nach einer sehr erfolgreichen ersten Planübung im Dezember 2016 in Pilsen, fand nun am 09. September 2017 die zweite Planübung im Rahmen des Projektes "Koordinierungskonzept Grenzüberschreitender Rettungsdienst" in Mitterteich statt.
Um den tschechischen Kollegen das umfangreiche Leistungsspektrum des bayerischen Rettungsdienstes und Katastrophenschutzes zu demonstrieren, wurde die zweite Planübung in Mitterteich abgehalten. Am Wochenende der Übung fand dort das Fachdienstlager der Gemeinschaften des BRK-Kreisverband Tirschenreuth mit den verschiedenen Fahrzeugen und Fachdiensten statt. Der Samstag des Fachdienstlagers stand im Zeichen der "Grenzüberschreitenden Zusammenarbeit". Bei der zweiten Planübung konnten bereits die von den Projektpartnern aus Tschechien überarbeiteten Ergebnisse der ersten Planübung eingebracht und erneut auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden.
Nach Registrierung der insgesamt rund 80 Einsatzkräfte erfolgte die offizielle Begrüßung durch Christian Stahl (Kreisbereitschaftsleiter BRK-Kreisverband Tirschenreuth) und Robert Konrad (Projektleiter "Grenzüberschreitender Rettungsdienst"). Es schlossen sich Grußworte von Dr. Alfred Scheidler (stellv. Landrat Tirschenreuth) und Roland Grillmeier (Bürgermeister Mitterteich) an. Danach ging es direkt weiter zu einer gemeinsamen Besichtigung der Fachdiensteinheiten. Die schlagkräftigen, ehrenamtlichen organisierten BRK-Einheiten präsentierten ihre vielfältigen Möglichkeiten. In Tschechien sind Rettungsdienst und Katastrophenschutz überwiegend hauptamtlich organisiert. Im Rahmen der Besichtigung ergaben sich neben interessanten Einblicken auch spannende Diskussionen über Unterschiede und mögliche Anknüpfpunkte bei gemeinsamen Großschadenslagen.
In einem anschließenden Vortrag informierte Dr. Rüdiger Hettler (BRK-Kreisverband Weiden u. Neustadt/ WN) die Teilnehmer über Rettungsdiensteinsätze bei besonderen Einsatzlagen ("REBEL"). Nach der Mittagspause mit der Möglichkeit zum gemeinsamen Austausch erfolgte eine dreistündige Praxiseinheit. Die vier Praxis-Stationen durchliefen alle acht Teams, wobei vier Teams aus Bayern und aus Tschechien teilnahmen. Um die Zusammenarbeit zu fördern und um Unterschiede herauszuarbeiten, arbeiteten immer ein bayerisches Team und ein tschechisches Team gleichzeitig an einer Station. Jedem der vier bayerischen Teams schloss sich eine Studentin/ ein Student der TH Deggendorf an. Nach rund 45 Minuten an einer Station erfolgt der Wechsel zur nächsten Station, bis alle Stationen abgearbeitet waren.
Bei der ersten Station stand die Triage der Notfallpatienten im Fokus der Retter. Bayerische und tschechische Rettungsdienste halten aktuell unterschiedliche Anhängekarten vor, mit der Verletzte bei größeren Schadenslagen triagiert werden. Je nach Schadensort und Einsatzleitung ist es wichtig, dass die Retter mit den Verletzenanhängekarten des jeweils anderen Landes zurechtkommen. Damit die sprachlichen Barrieren und der unterschiedliche Aufbau der Karten nicht zum Problem werden, hat Ing. Michal Veselý (Rettungsdienst der Region Pilsen) eine Kommunikationskarte entwickelt. Die Praxistauglichkeit wurde bei dieser Station überprüft. Betreut wurde die Station von Dr. Gudrun Graf (BRK-Kreisverband Weiden u. Neustadt/ WN), Dr. Bertram Völkl (BRK-Kreisverband Tirschenreuth) und Ing. Michal Veselý (Rettungsdienst der Region Pilsen).
Das strukturierte Vorgehen beim Rettungsdiensteinsatz in Grenznähe wurde in der zweiten Station behandelt. Beim Einsatzsimulationstraining mit Silvio Rupp (BRK-Kreisverband Tirschenreuth) fanden die Teams interaktiv bestmögliche Lösungen für verschiedene Schadenslagen. Die einsatztaktischen Maßnahmen wurden auf einer vergrößerten Luftaufnahme von Furth im Wald mit verschiedenen Spielsteinen simuliert. Ziel war es optimale Formen der Zusammenarbeit zu ermitteln und die Teilnehmer über die Kapazitäten, Möglichkeiten und Rettungsdienststandorte beider Länder zu schulen. Auch arbeiten die Teilnehmer an dieser Station mit dem vom Kompetenz- und Koordinierungszentrum entwickelten "Klinikatlas Bayern-Tschechien". Dieser listet alle Kliniken im Grenzgebiet auf und gibt Hinweise zur Anfahrt sowie den jeweiligen Versorgungsmöglichkeiten. Aufgabe der Teilnehmer war es, für die "Verletzten" geeignete Zielkliniken herauszuarbeiten.
Die im Vortrag vermittelten Inhalte sollten in der dritten Station unter Aufsicht von Dr. Rüdiger Hettler (BRK-Kreisverband Weiden u. Neustadt/ WN) angewendet werden. Ähnlich wie bei Station zwei wurde wieder mit einer Luftaufnahme und verschiedenen Spielsteinen gearbeitet. Bei einer Großveranstaltung in Furth in Wald kam es zu einem Unfall mit einer Vielzahl an Verletzten. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Explosion, so dass ein terroristischer Hintergrund nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. Die Unterschiede vom "normalen" Einsatz zum "REBEL"-Einsatz wurden bei dieser Station herausgearbeitet. Das REBEL-Konzept, dass es so in Tschechien nicht gibt, wurde den Teilnehmern in einem Praxisbeispiel vermittelt. Im Einsatzfall in Grenznähe sollen die Retter so bestmöglich zusammenarbeiten können.
In der vierten Station mussten die Teilnehmer einen Patienten versorgen und diesen anschließend an das Rettungsteam des anderen Landes übergeben. Hierfür stand der Simulations-Rettungswagen des BRK-Kreisverbandes Weiden u. Neustadt/ WN zur Verfügung. Ausbilder Wolfgang Dietl (BRK-Kreisverband Weiden u. Neustadt/ WN) und Notarzt MUDr. Ji?í R??i?ka (Rettungsdienst der Region Pilsen) betreuten die Station. Um die Übergabe des Patienten zu erleichtern, wurde von Jakub Oliberius (Student Universität Pilsen) eine Piktogrammkarte entwickelt. Diese deckt den Unfallhergang, die Verletzung/ Erkrankung, Symptome und die Behandlung ab.
Nach einer abschließenden Feedbackrunde mit Nachbesprechung haben die Teilnehmer aus Böhmen und der Nordoberpfalz einen langen, aber lehrreichen Übungstag erfolgreich absolviert. Herzlicher Dank ergeht an den TuS 1892 Mitterteich e.V. für die Zurverfügungstellung des Übungsplatzes und den BRK-Kreisverband Tirschenreuth für die tatkräftige Unterstützung und die Präsentation der Fachdienste.
Ausblick: Zu Pfingsten 2018 findet im Bereich Rozvadov eine gemeinsame Großübung mit rund 250 verletzten Personen statt. Einsatzkräfte aus Bayern und Tschechien werden dann zusammen in einer reellen Großschadenslage praktisch trainieren. Die in den Planübungen gewonnenen theoretischen Erkenntnisse finden dann in der vollen Komplexität ihre Anwendung.
Weitere Informationen zum grenzüberschreitenden Rettungsdienst zwischen Bayern und Tschechien finden Sie hier.